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 RECHTSANWALT   OLAF LAMOTTKE


 Verbotenes Kraftfahrzeugrennen


Illegales Autorennen



1. Allgemeines

Seit  2017 werden Straßenrennen als Straftat gemäß § 315d StGB verfolgt und geahndet.  Anlass zur Einführung des Straftatbestandes waren illegale Autorennen mit erheblichen Personenschäden in der „Raser-Szene“. Vor der Einführung des Straftatbestandes wurden diese Rennen lediglich als Ordnungswidrigkeit verfolgt. Jetzt droht eine Freiheits-strafe von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Wird 

bei dem Wettbewerb die Gesundheit oder das Leben eines anderen Menschen oder eine Sache von bedeutendem Wert gefährdet, erhöht sich die Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Verursachen die Handelnden dabei den Tod eines Menschen oder die schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder die Gesundheits-schädigung einer Großzahl von Menschen, verdoppelt sich das Höchstmaß der Strafe auf bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe.


Zu beachten ist dabei, dass bei dem Tod eines Menschen als Folge des Straßenrennens auch eine Verurteilung wegen Mordes möglich ist. Dies Möglichkeit basiert auf der neusten Rechtsprechung bezüglich von Raserfällen. Hierfür ist es jedoch erforderlich, dass der Unfallverursacher den Unfallhergang als möglichen Geschehensablauf erkennt und die Gefahr für sich selbst als gering einschätzt, dabei jedoch die Gefahr des Todes für andere hinnimmt.


Zwei Besonderheiten sind bei dem  Straftatbestand insbesondere zu beachten:
1. Ein Rennen gegen sich selbst ist ebenfalls strafbar.
Dabei kommt es darauf an, ob der Fahrer die Absicht hat die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen und an die Grenzen des technisch Möglichen zu kommen.
2. Auch spontane Rennen fallen unter den Tatbestand.
Es ist somit nicht erforderlich, dass man sich im Vorhinein zu einem Rennen verabredet hat.  Jedes schlüssiges Verhalten, welches auf die Bereitschaft zu einem solchen Rennen erkennen lässt, ist dabei ausreichend.


2. Was ist ein illegales Straßenrennen?


Für den Laien findet ein Rennen statt, wenn mindestens zwei Personen sich über einen bestimmten Streckenabschnitt duellieren. Wer das Ziel zuerst erreicht, gewinnt. 
Für den Gesetzgeber liegt ein Rennen vor, wenn ein Wettbewerb zur Erzielung von Höchstgeschwindig-keiten mit Kraftfahrzeugen (Autos, Motorräder), bei denen zwischen mindestens zwei Teilnehmern ein Sieger ermittelt wird, wobei es einer vorherigen Absprache der Beteiligten nicht bedarf, vorliegt. D.h. entweder man richtet ein Rennen aus oder nimmt persönlich an diesem Teil. So fallen nicht nur organisierte Rennen unter dem Begriff, sondern auch spontane Duelle zwischen Autofahrern, die sich zufällig auf der Straße begegnen. Straßenrennen können daher auf verschiedene Arten ausgetragen werden. Solange diese Rennen auf deutschen Straßen ohne Genehmigung stattfinden, stellen sie eine Straftat dar.

3. Was gilt als Rasen?


Neben dem Kraftfahrzeugrennen, steht nach 

§ 315d Abs. 1 Nr. 3 auch das „alleinige Rasen“ unter Strafe. Voraussetzung hierfür ist, dass der Täter mit nicht angepasster Geschwindigkeit, grob verkehrswidrige und rücksichtlose ein Fahrzeug führt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.
Die Anpassung der Geschwindigkeit der Fortbewegung bezieht sich auf die konkrete Verkehrssituation (Fahrbahn, Verkehrsaufkommen, Witterung, Lichtverhältnisse), sowie auf die Leistungsfähigkeit des Fahrzeugführers. Dabei muss der Fahrer in besonders schwerer Weise gegen Verkehrsvorschriften verstoßen (grob verkehrswidrig) und sich aus eigensüchtigen Gründen über seine Pflichten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern hinweggesetzt haben oder aus Gleichgültigkeit von vornherein Bedenken gegen sein Verhalten nicht aufkommen lassen haben (rücksichtslos). Die Handlung muss von der Absicht getragen sein, eine „höchstmögliche Geschwindigkeit“ zu erreichen. Damit ist nicht die mit dem geführten Kfz technisch erreichbare, sondern die in der konkreten Verkehrssituation erzielbare relative Höchstge-schwindigkeit gemeint. Insofern können Geschwindigkeitsverstöße mit weiteren Ordnungswidrigkeiten, schnell den Tatbestand des §315d Abs. 1 Nr. 3 StGB erfüllen und eine Straftat darstellen.

4. Welche Strafe droht?


Das Strafmaß von verbotenen Kraftfahrzeugrennen und Raserei liegt von Geldstrafe bis Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren. Wird jedoch durch das Kraftfahrzeug-rennen oder die Raserei das Leben / Gesundheit oder das Eigentum eines anderen Menschen gefährdet, so kann der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft werden. Hierbei genügt es, wenn die Feststellung getroffen werden kann, dass die Wahrscheinlichkeit eins schädigenden Ereignisses nahe liegt (Beinahe-Unfall).


Verursacht der Täter durch das Kraftfahrzeugrennen oder die Raserei den Tod oder eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, § 315d Abs. 5 StGB. Der BGH hat in einem Fall aus dem Jahre 2017, als in Hamburg ein Mann mit einem gestohlenen Taxi bei der Flucht vor der Polizei, auf der Gegenfahrbahn einen Menschen in einem entgegenkommenden Fahrzeug getötet und zwei weitere schwer verletzt hatte, des Mordes verurteilt. Die Richter waren der Auffassung, dass ab dem bewussten Wechseln in den Gegenverkehr, das eigene und das Leben anderer gleichgültig gewesen ist und er damit den Tod eines anderen Menschen zumindest billigend in Kauf genommen hatte. Daher muss sich der Täter unter Umständen mit dem Vorwurf des Mordes konfrontiert sehen, wenn bei dem Rennen ein Mensch getötet wird. Gemäß § 211 Abs. 1 StGB wird der Mörder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

5. Darf  Führerschein und  Fahrzeug eingezogen werden?


Wer von der Polizei erwischt und angehalten wird, kann vor Ort den Führerschein (§ 69 Abs. 2 Nr. 1a StGB) und ggfs. auch sein Fahrzeug als Tatmittel (§ 315f StGB) verlieren. Sollte der Täter tatsächlich vor Gericht verurteilt werden, so muss er sich neben der Geld- oder Freiheitsstrafe mit einer Sperre zur Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis einstellen (§ 69a StGB). Die Dauer der Sperre liegt zwischen sechs Monaten und fünf Jahren. Sollte gegen den Täter bereits in den letzten drei Jahren eine Sperre verhängt worden sein, so wird in diesen Fällen eine Sperre von mindestens einem Jahr verhängt. In besonders schweren Fällen, kann die Sperre auch für immer verhängt werden.
Was besonders schlimm für den Betroffenen ist, wenn das geliebte Fahrzeug einkassiert wird. Gemäß § 315f StGB können Kraftfahrzeuge, auf die sich eine Tat nach § 315d StGB bezieht, eingezogen werden. Die Aussage, das Fahrzeug gehöre einem nicht, sei geleast oder finanziert und gehöre somit der Bank oder dem Autohaus, ist für die Einziehung unbeachtlich. Es kann somit auch fremdes Eigentum entzogen werden, was mittlerweile der Regelfall ist. Ziel ist hierbei die Bekämpfung der Straftaten.


6. Normtext

§ 315d           Verbotene Kraftfahrzeugrennen

(1) Wer im Straßenverkehr
1. ein nicht erlaubtes Kraftfahrzeugrennen ausrichtet oder durchführt,
2. als Kraftfahrzeugführer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen teilnimmt oder
3. sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Wer in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 oder 3 Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 strafbar.
(4) Wer in den Fällen des Absatzes 2 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(5) Verursacht der Täter in den Fällen des Absatzes 2 durch die Tat den Tod oder eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.


7. Aktuelle Urteile:


Für unerlaubte Fahrzeugrennen im Sinne von 

§ 315d StGB bedarf es keiner Mindeststrecke!
Das hat das Kammergericht Berlin in einem Fall entschieden, in dem die Distanz lediglich 50 Meter betragen hat (3 Ss 16/22). Der Angeklagte startete an einer Ampel neben einem anderen Fahrzeugführer mit starker Beschleunigung und quietschenden Reifen. Von einem Polizeiwagen mit Blaulicht verfolgt brach er das Kräftemessen indessen nach nur 50 Meter Fahrstrecke ab. Das Kammergericht Berlin stellt klar, dass es für ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen nicht auf die Länge der Rennstrecke ankommt. Das Gesetz enthält keine Angabe zu einer Mindestdistanz. Vom Zweck der Norm (§ 315d StGB) sind auch kurze Strecken erfasst, denn Zweck eines unter Strafe gestellten Rennens ist unter anderem die Beschleunigung, die durchaus auf kurzen Strecken erreichbar ist. Bei § 315d StGB handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, bei dem es auf das Vorliegen einer konkreten Gefahr nicht ankommt. Da abstrakte Gefahren auch bei einer nur kurzen Beschleunigung bestehen, greift die Strafbarkeit unabhängig von einer Mindestdistanz.
Kammergericht Berlin, Beschluss vom 18.05.2022 – 3 Ss 16/22, (3) 121 Ss 45/22 (16/22)



Bei einem Fall des Fahrens eines sog. „Donuts“, also einem mit qualmenden Reifen und Quietschen verbundenen Drehen des KFZ um 360 Grad, liegt jedenfalls kein  strafbares Kraftfahrzeugrennen vor

Insbesondere fehlt  bei einem derartigem sinnentleerten Fahrmanöver die Fortbewegung, da sich das KFZ beim Drehen ja gerade nicht fortbewegt, sondern auf der Stelle rotiert. Zudem ist das Fahrmanöver gerade nicht zur Erzielung der höchstmöglichen Geschwindigkeit angelegt. 

Kammergericht Berlin, Urteil vom 18.01.2022, Az: 3 Ss 59-60/21


Keine Verurteilung wegen Teilnahme an einem unerlaubten Kraftfahrzeugrennen bei fehlendem Wettbewerbscharakter
Das LG Berlin hat in seinem Beschluss vom 21.12.2020 – 502 Qs 102/20 – darauf hingewiesen, dass als Rennen im Sinne des § 315 d Abs. 1 Nr. 2 StGB nur Wettbewerbe zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten oder höchsten Durchschnitts-geschwindigkeiten mit mindestens zwei teilnehmenden Kraftfahrzeugen zu verstehen sind. Ein übereinstimmendes – für den Innenstadtbereich mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 60 km/h deutlich zu schnelles – Hintereinanderherfahren unter Missachtung der Geschwindigkeitsbegrenzung und der Regeln zum Überholen reicht nicht aus, um von einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen auszugehen, wenn es keine äußeren Anhaltspunkte für einen zwischen den Fahrzeugen ausgetragenen Wettbewerb gibt. Das LG Berlin hat auch eine Straftat nach § 315 d Abs. 1 Nr. 3 StGB verneint. Es liegen, obwohl der Beschuldigte sein Kraftfahrzeug in nicht angepasster Geschwindigkeit im Straßenverkehr fortbewegt und dadurch grob verkehrswidrig und zudem rücksichtslos gehandelt hat, keine dringlichen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschuldigte in der Absicht handelte, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Über das subjektive Vorstellungsbild des Beschuldigten ist nur bekannt, dass er wusste, dass er zu schnell gefahren ist. Dass er die maximale fahrzeugspezifische Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit erreichen wollte, ist damit nicht belegt und ist angesichts der technischen Möglichkeiten seines Fahrzeugs auch durch die tatsächlich erzielte Geschwindigkeit von unter 110 Km/h nicht indiziert. Damit ist die hohe subjektive Anforderung des § 315 d Abs. 1 Nr. 3 StGB, der nur ein dolus directus ersten Grades genügt, nicht erfüllt.


Keine Verurteilung wegen Teilnahme an einem unerlaubten Kraftfahrzeugrennen bei fehlendem Wettbewerbscharakter


Das AG Obernburg am Main hat in seinem Urteil – 2 Ls 225 Js 6707/20 jug – entschieden, dass eine Verurteilung wegen Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen gemäß § 315 d Abs. 1 Nr. 2 StGB dann nicht möglich ist, wenn der Wettbewerbscharakter fehlt. Es muss zumindest eine konkludente Übereinkunft zu einem Rennen gegeben haben. Eine solche konnte im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen werden. Um die Verabredung zu einem Rennen nachzuweisen, gab es keine anderen Beweismittel als die Auswertung der Aufzeichnungen der Helmkamera. Auf der Aufzeichnung ist zu sehen, dass an einem Wendepunkt einer der Angeklagten zum anderen gerichtet eine kreisende Handbewegung macht und dann wieder losgefahren wird. Dieses Handzeichen kann aber nicht als konkludente Verabredung zu einem Rennen ausgelegt werden, denn es kann auch bedeuten, dass man keine Pause machen will, sondern eine Runde fährt. Die Beweisaufnahme hat nicht zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass zwischen den Angeklagten ein Wettbewerb dergestalt stattfinden sollte, dass die vorgegebenen Fahrlinien eines vorausfahrenden Fahrers jeweils nachgefahren werden sollten. Es ist auch möglich, dass der Angeklagte für sich geübt hat, bei einer entsprechenden Geschwindigkeit eine entsprechende Kurvenlinie zu fahren und damit lediglich ein Hintereinanderherfahren einzelner Personen vorgelegen hat. Es konnte nicht widerlegt werden, dass die Helmkameraaufzeichnungen stattgefunden haben, um sie hinterher anzuschauen, um sich verbessern zu können. Dies ist kein ausreichender Beleg für einen Wettbewerbscharakter. Zu solchen Zwecken wird auch im Sport gefilmt.



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